Dienstag, März 14, 2006

spül dich weg, santiago

hier habe ich es zuerst entdeckt und daraufhin seit sonntag in den medien verfolgt: santiago sierra, seines zeichens fragwürdiger aktionskünstler, hat seit sonntag eine neue „kunst“-aktion am start.
der mann lässt jeden sonntag autoabgase in eine synagoge in puhlheim bei köln leiten und gibt den besuchern dieser komplett indiskutablen farce die möglichkeit, mit einer gasmaske ausgestattet ein paar minuten in den abgasen zu verweilen, um so die „erlebnisse in der gaskammer nachempfinden zu können“.
santiago sierra will damit gegen die „banalisierung der erinnerung an den holocaust“ angehen. sehr interessante herangehensweise, zu diesem zweck das gedenken an die opfer und diese selbst erst mal mit den füßen zu treten.

nachdem ich mich über santiago sierra dank google informiert habe, wundert mich sein vorgehen allerdings nicht. manche mögen es für kunst halten, heroinsüchtigen eine linie auf den rücken zu tätowieren und sie dafür mit heroin zu bezahlen. ich persönlich halte es für menschenverachtende, zynische und sensationsgierige scheiße.
die aktion von santiago sierra steht dem in sachen platter sensationsgier in nichts nach und übertrifft sie traurigeweise. was mich noch mehr irritiert, ist das verhalten des oberbürgermeisters der stadt puhlheim, karl august morisse, und seinen kollegen aus der kulturverwaltung. diese verstehen nämlich die zu recht entstandene und öffentlich geäußerte empörung nicht im geringsten und sehen auch nicht ein, warum die sofortige beendigung der aktion gefordert wird.
stattdessen wird mit unverständnis reagiert und die olle keule der kunstfreiheit geschwungen.

wie fahrlässig ist es bitte, sich vor eröffnung der „aktion“ offensichtlich gar keine gedanken über deren wirkung zu machen und dann, nachdem allen kritikern vorweg der zentralrat der juden die einstellung fordert, nicht mal eine minute zeit darauf verschwendet, diesen fehler einzugestehen? was für leute sitzen in der stadtverwaltung von puhlheim, frage ich mich.

es ändert, mit verlaub, einen scheißdreck, wenn der „künstler“ und die stadtverwaltung puhlheim sich nun mit dem zentralrat und ralph giordano auseinandersetzen wollen und die aktion „vorerst“ gestoppt wird.

ich wünsche diesen menschen, die hoffentlich für ihr handeln zur rechenschaft gezogen werden, für ihr weiteres dasein verstand, weitsicht und urteilsvermögen- eigenschaften, die ihnen im zuge ihrer bemühungen um santiago sierra offensichtlich komplett verloren gingen.


wer gegenüber den damen und herren aus puhlheim ebenfalls seinen unmut bekunden möchte, findet unter dem oben angegebenen link nicht nur die ausführlich dokumentierte variante der ereignisse, sondern auch die erreichbarkeiten der stadtverwaltung.

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